Was unternehmen die Tech-Konzerne?
Youtube, Whatsapp und Facebook sind nicht untätig. Sie ergreifen bereits Maßnahmen, um die Verbreitung von „Falschmeldungen“ einzudämmen.
So hat Whatsapp Anfang April die Weiterleitung von Nachrichten im Messengerdienst eingeschränkt; sie können jetzt nur noch an maximal fünf Chats verschickt werden. Außerdem können Nachrichten, die bereits zuvor fünfmal weitergeleitet wurden, nur noch an einen Chat gesendet werden. Auf Anfrage teilte Whatsapp uns mit, dies habe die Menge der stark weitergeleiteten Nachrichten um 70 Prozent reduziert.
Whatsapp betont auch, man unterstütze die Arbeit von Faktencheckern weltweit und arbeite mit Behörden zusammen. Tatsächlich können Nutzer seit kurzem mit der WHO oder dem Bundesgesundheitsministerium zum Thema Covid-19 über einen Whatsapp-Chatbot kommunizieren.
Der Facebook-Konzern, zu dem Whatsapp gehört, kooperiert bereits seit mehreren Jahren mit unabhängigen Faktencheckern wie CORRECTIV. Dadurch werden Menschen, die eine Falschinformation in dem Sozialen Netzwerk geteilt haben, auch rückwirkend informiert. Zudem gibt Facebook an, Beiträge über das Coronavirus auf Facebook und Instagram zu löschen, wenn sie eine „Gefahr für das körperliche Wohlergehen“ darstellen.
Youtube: „Wir arbeiten mit Hochdruck“
Youtube hat bisher kein Faktencheck-Programm. Der Konzern entfernt Videos mit falschen medizinischen Informationen zu Covid-19. Youtube-Sprecher Georg Nolte teilte uns per E-Mail mit, dies seien zum Beispiel Videos, in denen behauptet wird, dass das Coronavirus nicht existiere. Oder die „medizinisch nicht fundierte Methoden“ zur Verhinderung einer Infektion empfehlen und Menschen davon abhalten, sich behandeln zu lassen. Außerdem würden Videos gelöscht, die „die Wirksamkeit der Leitlinien der WHO oder der jeweiligen Gesundheitsbehörde ausdrücklich bestreiten, was dazu führen könnte, dass Menschen gegen diese Leitlinien verstoßen“.
„Wir arbeiten mit Hochdruck, unsere User vor Fehlinformationen zu schützen und wollen sie mit verlässlichen und hilfreichen Nachrichten verbinden“, sagt Nolte. In Absprache mit dem Bundesgesundheitsministerium habe man unter den betreffenden Videos, auf der Homepage und in der Youtube-Suche Infoboxen installiert. „So wollen wir möglichst viele Menschen auf die Infopanels des BMG und seiner zugeordneten Institute aufmerksam machen. Wir haben so global gesehen bereits 14 Milliarden Impressionen auf den Infoseiten der verschiedenen Gesundheitsorganisationen erzeugt.“
Youtube zeigt tatsächlich seit einiger Zeit unter Videos zu Covid-19 in Deutschland einen Link zur Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZGA) an.
Doch ist das genug? Einige Videos werden nicht gelöscht, weil sie offenbar nicht den genannten Kriterien entsprechen. Sie enthalten meist sehr viel Meinung – und führen oft in die Irre. Ein Beispiel ist ein 30-minütiger Beitrag des Bloggers Ken Jebsen, in dem er mehrere falsche Behauptungen aufstellt und spekuliert, Bill Gates habe die Kontrolle über das Gesundheitswesen übernommen, um Zwangsimpfungen durchzuführen. Zahlreiche Leserinnen und Leser haben uns auf dieses Youtube-Video von KenFM hingewiesen, das inzwischen mehr als drei Millionen Aufrufe hat.
Auch ein Videointerview mit Stefan Homburg, in dem er behauptet, der „Lockdown“ der Regierung sei unnötig und unwirksam gewesen, ist noch online. (In der Einleitung mahnt Moderatorin Milena Preradovic alle Zuschauer, sich bitte an die Corona-Regeln zu halten.) Nicht mehr auf Youtube zu finden ist dagegen zum Beispiel ein Video, das Aussagen eines italienischen Arztes zum Coronavirus in falschen Kontext stellte.
Kettenbriefe auf Whatsapp oder Videos auf Youtube haben oft bereits extrem hohe Reichweiten erzielt, bevor die ersten Faktenchecks oder Medienberichte dazu veröffentlicht sind. Und der Hinweis von Youtube auf die BZGA, der auch unter dem Video von Ken Jebsen auftaucht, kann unter Umständen missverständlich wirken. Nutzer, die den Hintergrund nicht kennen, könnten ihn eher als Pluspunkt für die Seriosität der Behauptungen verstehen.

Nach Einschätzung von Kommunikationswissenschaftlerin Kessler versucht Youtube zwar, gegen Falschmeldungen und Hetze anzugehen, aber: „Youtube wird immer nur den Fake-News-Verbreitenden hinterherlaufen können, wenn keine grundlegend neuen Maßnahmen ergriffen werden.“
Ein Problem sei auch, dass die großen Konzerne wenig Daten für wissenschaftliche Untersuchungen herausgeben. „Sowohl Youtube als auch Whatsapp sind für die sozialwissenschaftliche Forschung schwer zu untersuchen“, sagt Kessler. Niemand wisse genau, welches Ausmaß die Falschmeldungen zum Coronavirus dort annehmen.
Ihrer Ansicht nach müssen die Konzerne mehr tun. Sie müssten „mehr Geld in die Hand nehmen, mehr Menschen anstellen, die Fake News aufspüren können, mehr mit unabhängigen Faktenprüfern kooperieren, und mehr mit der sozialwissenschaftlichen, unabhängigen Forschung zusammenarbeiten, um effektiv und adäquat gegen die Verbreitung von Fake News vorzugehen.“